„Was ich am meisten bereute, war mein Schweigen. Und es gibt so viele Schweigen zu brechen.“- Audre Lorde (S. 33)

Rebecca Solnit schreibt in ihrem Buch ,Die Mutter aller Fragen‘ über die kurze Geschichte des Schweigens und trifft eine Differenzierung zwischen Schweigen und Stille, die mich sehr zum Nachdenken gebracht hat. Schweigen (silence), vielleicht mehr ein zum Schweigen-gebracht-werden, ist „der Ozean des Ungesagten, des Unsagbaren, Unterdrückten, Ausgelöschten und Ungehörten“ (S. 33). Es wird von Strukturen und Menschen auferlegt, ist Unterdrückung und Gewalt und führt zu einem Meer an unausgesprochenen Geschichten und Wörtern.

Stille (quiet), ist eine aktive Entscheidung, eine Selbstermächtigung. Es ist eine Macht, die Stille aktiv zu suchen, ohne stimmlos zu sein. Der Unterschied zwischen Schweigen und Stille, ist der Unterschied zwischen schwimmen und ertrinken (S. 34).

In folgenden Textschnipseln denke ich darüber nach, welche Stimmen in Schweigen und Stille gehört werden und welche Stimmen auch nach einem gebrochenen Schweigen, immer noch im Meer versinken. Ich möchte betonen, dass ich Rebecca Solnits Gedanken über Schweigen und Stille weiterdenke und mich nicht nur aufs patriarchale stimmlos-machen beziehe, sondern auf alle verschiedenen zusammenwirkenden gewaltvollen Strukturen, in denen wir uns bewegen und dagegen ankämpfen nicht unterzugehen.

Wenn aus Schweigen Wut, ein Gedicht von Nabi Wenke zur verschwimmenden Trennlinie von Schweigen und Stille
© privat

 

Wenn aus Schweigen Wut wird

 

Es ist so eine Sache mit dem Schweigen…

Ich frage mich, ob Schweigen immer schmerzhaft ist.

 

Schweigen der Betroffenen.

Zum Selbstschutz, weil nicht immer die Kraft da ist, jeden Kampf zu kämpfen

Choose your battles heißt es.

Vielleicht ist mein Schweigen auch ein Statement…

und vielleicht ist es dann Stille.

Aber die Frage ist doch: wer kann diese Stille hören?

 

Schweigen der Täter*innen.

Ist oft eine Stille von Täter*innen.

Und hier ist es ganz klar, dass diese Stille zu hören ist.

 

Und je leiser ich werde, ob aus Stille oder Schweigen,

Desto lauter werde ich innen drin.

 

Stille ist nicht angenehm.

Es ist die Akzeptanz, Ungerechtigkeit hinzunehmen zum Schutz der eigenen Ressourcen.

Denn auch wenn ich still bin, tobt in mir die Wut, ob ich nicht laut hätte sein sollen.

Und je länger ich schweige und je länger ich denke, Stille ist mein schonender Begleiter,

Desto lauter werde ich innen drin.

 

Und dann wird Schweigen

und dann wird Stille

zur Wut.