von Vinzenz Glaser

Der Krieg als Symbol für alle Missstände unserer Gesellschaft

Der Krieg in der Ukraine zeigt uns wie durch ein Brennglas all die Krisen, in denen unsere Gesellschaft steckt; auf der einen Seite das politisch intendierte Lechzen nach fossilen Brennstoffen, auf der anderen Seite die rassistische Abschottungspolitik, die in vielen Ländern gang und gäbe ist.

In Deutschland zeigt sich seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs zudem deutlich: das Geld für massive Investitionen ist vorhanden. Nur wird dieses nicht etwa in Sondervermögen für Bildung, Gesundheit oder Soziales investiert, sondern in Rüstungsgüter, deren Fertigung eine abstruse Menge an klimaschädlichen Emissionen verursachen. Die Klimaziele, auf die sich die jetzige Bundesregierung geeinigt hat, scheinen längst in unerreichbare Ferne gerückt.

Betrachten wir diesen Krieg und seine Folgen als Symbol für verschiedenste Missstände, heißt das jedoch nicht, sich zu entsolidarisieren mit den Menschen, die unter ihm leiden. Ganz im Gegenteil: linke Kritik an den multiplen Krisen unserer Zeit bedeutet zugleich auch Solidarität – und zwar mit allen Menschen weltweit, die vor Kriegen fliehen müssen. Und auch mit all jenen, die von den Folgen des Kolonialismus und von Folgen der Klimakrise vertrieben werden.

Die unterschiedlichen Verflechtungen von Kolonialismus, Nationalismus und den Zwängen unseres kapitalistischen Wirtschaftssystems sind maßgeblich für den jetzigen Zustand der Welt, in dem viele Menschen um ihr Überleben kämpfen müssen, während eine kleine Oberschicht immer reicher wird.

Dass imperialistische Kriege abzulehnen sind, darin sind sich zum Glück viele einig. Und auch darin, dass die EU-Staaten jene Geflüchteten aufnehmen sollte, die vor dem russischen Angriffskrieg fliehen.

 

Flucht vor den Folgen von Kolonialismus und Klimakrise

Doch wie steht es um all die Menschen, die zwar nicht direkt vor einem Krieg fliehen, die ihr Leben und das ihrer Familien aber über kurz oder lang in Gefahr sehen? Sei es auf Grund desolater wirtschaftlicher Verhältnisse in ihren Heimatländern oder wegen den verheerenden Folgen von klimatischen Veränderungen.

Für wen schafft die EU sichere Häfen? Quelle: Vinzenz Glaser

Nach der Genfer Flüchtlingskonvention werden von Klima und Armut verdrängte Personen juristisch nicht als „Flüchtlinge“ verstanden (vgl. § 1 A I ff. Genfer Flüchtlingskonvention) Für die meisten verschränkt dies die Möglichkeit, legal nach Europa zu kommen, um dort Zuflucht zu finden. Vielen der Geflüchteten, die es dennoch bis bis nach Europa schaffen, droht hier Diskriminierung, Isolation, Abschiebung.

Hinter den Festungsmauern der sogenannten „Festung Europa“, also auch hier in der BRD, wird durch Nationalismus ein Bedrohungsszenario kreiert, welches „uns“ und „die anderen“ trennt. Die Trennlinie verläuft hierbei an den Grenzen des globalen Nordens. Diesen Grenzen ist der Rassismus inhärent, weil er in seiner Existenz verschiedene Lebenswelten trennt und hierarchisiert.

 

In was für einer Welt wollen wir leben?

Wer für offene Grenzen demonstriert und dafür, dass allen Menschen ein Leben in Frieden möglich sein sollte, muss sehen: auch Klima ist politisch!

Wer sich mit den Verschränkungen von Unterdrückung auseinanderzusetzt, wird schnell zu dem Schluss kommen, dass die Themen Klima(-krise) und Flucht zusammengedacht werden müssen.

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„Klimaschutz heißt Klassenkampf“-Banner auf dem System Change Kongress im Oktober 2022 in Leipzig / Quelle: Vinzenz Glaser

 

Wir sollten daher keinen neoliberalen „Green New Deal“ fordern, der sich auf ein Emissionshandels-System beschränkt und im Grunde weiterhin endlosen Wachstum prophezeit; nur eben in „grün“.

Stattdessen sollten wir für Verständnis von Klimagerechtigkeit eintreten, das von unten und von links kommt. Wir sollten für eine bessere Welt kämpfen, denn sie ist möglich!