Hakim Adi ist heute in Europa einer der relevantesten Publizisten, wenn es um Schwarze Geschichte und Panafrikanismus geht. Sein Werk Pan Africanism and Communism zeigte ausführlich die Verbindungen kommunistischer und antirassistischer Politik und die Rolle, die marxistische Theorie, marxistisch geschulte Aktivist*innen und die Kommunistische Internationale für die panafrikanistische Bewegung spielten. Mit Pan Africanism. A History hat Adi eine umfangreiche wie kompakte Chronik des Panafrikanismus geliefert, die auch ohne Vorkenntnisse die Geschichte dieser Strömung vermitteln kann. Panafrikanismus, so Adi, sei zuerst als Idee von Afrikaner*innen in England und den Vereinigten Staaten entstanden, deren erste Organisationen sich schon im 18. Jahrhundert gründeten. Die erste dieser Organisationen, die African Association, wurde von der südafrikanischen Aktivistin Anne Victoria Kinloch, die in England Vorträge über die Situation in ihrer Heimat hielt, angestoßen. Im Anschluss an die Gründung dieser Organisation wurde ebenfalls die erste panafrikanistische Konferenz in England abgehalten.

Zu den Bestrebungen der panafrikanisch denkenden Intellektuellen, die in der Regel über westliche Bildung verfügten, gehörte die Kritik der rassistischen Propaganda reaktionärer Wissenschaftler*innen und der Einsatz für das Ende der Sklaverei sowie für das Recht auf die Rückkehr auf den afrikanischen Kontinent. Adi zeigt die Entwicklung der zu diesem Zweck gegründeten Gesellschaften und Vereinigungen und verfolgt die Lebensläufe einiger der bedeutenden Persönlichkeiten. Besonders auf die Rolle der Frauen wird, wo immer dokumentiert, hingewiesen. So gab es schon auf der ersten panafrikanischen Konferenz in London um 1900 zwei Schwarze Sprecherinnen – wie auch in der Schwarzen Bewegung allgemein, ist der Beitrag, den Frauen auf den Kongressen, in den Organisationen sowie beim Schreiben der vielen Zeitungen der panafrikanischen Gruppen oft durch doppelte Arbeit leisteten, von großer Bedeutung.

Dabei lässt sich die Geschichte des Panafrikanismus in verschiedene Phasen einteilen: Der Anfang als Sammlung von Ideen und programmatischen Positionen von Afrikaner*innen in der Diaspora, die Interventionen der Kommunistischen Internationale und die Rolle, die realsozialistische Staaten für den Kampf gegen Rassismus und den Befreiungskampf spielten, und zuletzt die Zeit des coming home: Panafrikanismus als führende Strömung unter Intellektuellen, Revolutionär*innen und Arbeiter*innen des afrikanischen Kontinents. Während die Ideen unter dem Label Panafrikanismus den westlich gebildeten Afrikaner*innen der Diaspora immer auch einen gewissen Paternalismus gegenüber den Menschen vom Kontinent beinhaltete, wurde er so zu einem Banner, unter dem sich die Klassen in den kolonialen Staaten mit ihren widersprüchlichen Interessen versammelten.

In der Tat gab es besonders seit der Zeit der Oktoberrevolution und aufgrund der antiimperialistischen Positionierung der Sovietunion eine starke Anziehungskraft des Marxismus auf die besitzlosen Massen nicht nur des afrikanischen Kontinents. Die Theorien von Klassenkampf und nationaler Einheit über Klassenlinien hinweg standen sich gegenüber, was auf den diversen panafrikanischen Kongressen und den Konferenzen der Arbeiter*innen der afrikanischen und karibischen Nationen deutlich zu Tage trat. Ebenfalls die Rolle von Regierungen, die sich zwar mit den Farben des Panafrikanismus zu schmücken wussten, jedoch die eigene linke Opposition in der Praxis unterdrückten oder die Beteiligung oppositioneller Aktivist*innen an den Kongressen verhinderten wurde von vielen marxistisch orientierten Schwarzen Revolutionär*innen scharf kritisiert.

Neben staatlichen Projekten der Aneignung panafrikanischer Rhetorik gab es neben aussichtsreichen Versuchen einige hauptsächlich verbale Bezüge zum sozialistischen Aufbau, während die Wirtschaft weiterhin in privaten Händen und auf den Export von Waren abgestimmt blieb. Revolutionäre Theoretiker*innen wie Frantz Fanon oder Abdulrahman Mohamed Babu warnten eindeutig vor der Entwicklung der nur dem Namen nach existierenden Unabhängigkeit, die nur dazu diente, die Privilegien der nationalen Bourgeoisie auszubauen. Neben der Klassenfrage war es aber vor allem eine Person, deren Vermächtnis Kongresse und Bewegungen zu spalten vermochte: Für oder gegen den kulturellen Nationalismus Marcus Garveys? Während seine kompromisslose Rhetorik eine militante Basis Schwarzer Arbeiter*innen organisieren konnte, blieb er trotz einiger Sympathien für Lenin und die Oktoberrevolution ein antikommunistischer Agitator. Seine Universal Negro Improvement Association konnte allerdings auch in vielen Teilen des afrikanischen Kontinents und in der Diaspora allgemein eine Wirkung entfalten, die den kolonialen Autoritäten so unangenehm wurde, dass sie sich darum bemühten, ihre Aktivitäten zu unterbinden. Die illegale Negro World kursierte jedoch den Kolonialbehörden zum Trotz und die Forderung, Afrika den Afrikaner*innen zu überlassen, wurde mit Zuspruch aufgenommen.

Nach dem finanziellen Bankrott der Black Star Line, mit der Garvey Schwarze vor allem aus den USA nach Afrika zurückbringen wollte, offenbarte sich auch der ideologische Bankrott seiner Ideologie. Deren Forderung nach repatriation wurde von anderen radikalen Schwarzen Organisationen stark angegriffen. Aus den Reihen der African Blood Brotherhood und Garveys eigener Organisation waren zu diesem Zeitpunkt schon die Aktivist*innen hervorgegangen, die sich später in den Reihen der kommunistischen Partei wiederfinden und ein schlagkräftiges Programm gegen Rassismus und Imperialismus aufstellen würden. Garvey, der zwar Ereignisse wie die Oktoberrevolution befürwortete, da sie einen Schlag gegen die weiße Vorherrschaft darstellten, aber keine grundsätzliche Sympathie mit den arbeitenden Massen und kein konkretes politisches Programm hatte, konnte in den Augen dieser militanten Bewegung nur noch einen fahlen Schatten der Ausstrahlung haben, die seiner Figur einst innewohnte.

Die marxistisch orientierte Theorie, wie sie auch von Fanon vertreten wurde, setzte militanten Widerstand in den Mittelpunkt einer Kultur der Kämpfe und maß den folkloristischen Elementen eher geringe Bedeutung bei. Daneben entwickelten sich wie in der Harlem Renaissance oder der Négritude in den frankophonen Kolonien vor ihrem historischen Kontext jeweils genuin neue Formen Schwarzer Kultur, die jedoch auch auf Kritik stießen. Gerade am Beispiel des Afrozentrismus lässt sich sehen, dass auch Ansätze, die als Antwort auf eine fehlende oder falsche Repräsentation gedacht sind, die Tendenz haben können, der Vielfalt afrikanischer Kulturen und Geschichte nicht gerecht zu werden und infolgedessen ein zu romantisches, idealisiertes oder homogenes Bild zeichnen.

An dieser Stelle jedoch endet das Buch mit einer Bestandsaufnahme der Afrikanischen Union, die aus dem Prozess der Versuche, eine afrikanische Einheit zu schaffen, hervorgegangen ist. Von Anfang an stellte sie einen Kompromiss zwischen Staaten mit verschiedenen Ambitionen dar, weshalb die momentane Einheit wohl nicht dem entspricht, was sich einige der Initiator*innen erhofft haben mögen. Alleine diese Realität wäre Grund genug, sich noch einmal ausführlicher mit dem Wirken einiger zu beschäftigen, die für diese Geschichte des Panafrikanismus von zentraler Bedeutung waren und Teil der Strömung des Panafrikanismus sind, die am stärksten nach vorne drängt.