Autor*innen: In Memory In Resistance Team 2024

 

Am 16. März 2024 jährte sich der rassistische & sexistische Anschlag in der Gegend um Atlanta vom 16. März. 2021 zum dritten Mal. Acht Menschen, darunter 6 asiatische Migrantinnen, wurden dabei ermordet. Wir, eine Gruppe von Aktivist*innen aus den asiatischen Communities, organisieren seitdem jedes Jahr an der Friedensstatue in Berlin-Moabit die Gedenkveranstaltung “In Memory, In Resistance.

Wir erinnern dabei an:

  • Delaina Ashley Yaun
  • Paul Andre Michels
  • Xiaojie Tan
  • Daoyou Feng
  • Hyun Jung Kim Grant
  • Suncha Kim
  • Soon Chung Park
  • Yong Ae Yue

 

Wir organisieren “In Memory, In Resistance”, um einen Ort zum gemeinsamen Trauern schaffen, von und für die Community. Zudem nutzen wir den Raum, um Erfahrungen sichtbar zu machen, die aufgrund von anti-asiatischem Rassismus und Patriarchat unsichtbar gemacht werden, wie zum Beispiel die der Trostfrauen-Bewegung oder die von südostasiatischen Arbeitsmigrant*innen in Gastro oder Pflege.

Jedes Jahr prangern die Redebeiträge und unser eigenes Statement die strukturelle Gewalt an, die die Mordserie ermöglicht hat. Rassismus, Kapitalismus, Patriarchat und Imperialismus haben nicht nur acht Menschen das Leben gekostet, sie stellen seit jeher eine stete Gefahr für asiatische Menschen weltweit dar. Wir lehnen dabei das gängige Verständnis von anti-asiatischem Rassismus ab, das darin häufig lediglich eine Diskriminerungsform gegen als ostasiatisch gelesene Menschen sieht. Für uns ist klar, dass anti-asiatischer Rassismus nicht nur Menschen diskriminiert, sondern seine strukturelle Gewalt durch Grenzregime, neokoloniale Geopolitik, Militarismus, polizeiliche Kontrolle und Überausbeutung von Ressourcen und Menschen, insbesondere Frauen und Queers, ausübt – und, dass wir gemeinsam dagegen ankämpfen müssen, über asiatische Identitäten und Herkünfte hinaus.

Wir erneuern “In Memory, In Resistance” daher auch jedes Jahr den Appell an unsere Communities, sich politisch zu organisieren. Uns ist es wichtig, dass wir uns als Gruppe und Teile der asiatischen Communities in Deutschland über das Gedenken von Atlanta hinaus konkret fragen, wo wir angesichts multipler globaler Krisen, der faktischen Abschaffung des Rechts auf Asyl durch die GEAS-Reform, der Militarisierung der Polizei und der massiven Verschärfung von Repressionen gegen die palästinensische Solidaritätsbewegung stehen.

Ohne die beständige Reflexion über die politischen Ansprüche sowie Verortungen innerhalb sozialer Bewegungen sehen wir sonst die Gefahr einer Verselbstständigung des Protestsmoments in der ohnehin sehr losen Organisierungslandschaft gegen anti-asiatischen Rassismus: Wo anfänglich Strukturen kritisiert werden, kann die fehlende konsequente Haltung zum liberalen Staat und seinen Institutionen in repressiven Zeiten in der Beteiligung am genozidalen Status Quo münden, wie sich am Beispiel der “Stop Asian Hate”-Bewegung in den USA sehen lässt. Die Gedenkveranstaltung ist für uns daher auch eine Gelegenheit, um Themen innerhalb unserer Communities voranzubringen, die wir für wichtig halten, um gemeinsam widerständig in Bewegung zu bleiben – ob bei “In Memory, In Resistance” oder in unseren anderen politischen Kontexten.

Während bei “In Memory, In Resistance” letztes Jahr vor allem Care-Arbeit von asiatischen Migrant*innen im Fokus stand, haben wir in diesem Jahr rassistische und neokoloniale Grenzpolitiken, sowohl im “nationalen” als auch im globalen Kontext.

 

White Supremacy, Patriarchat, racial Capitalism, Neokolonialismus

das ist in etwa so abstrakt wie

der Polizeiknüppel am Görli und an europäischen Außengrenzen,

das Tränengas in Minneapolis und in der Westbank,

die Phosphorbomben über Vietnam, Libanon, Irak, Gaza,

mit denen die Aktionäre von Monsanto-Bayer und Rheinmetall sich ihre hübschen Dividenden auszuzahlen,

die Orte, an denen Migrant*innen eingesperrt, überwacht und poliziert werden,

angefangen bei den Lagern für Flüchtende von Griechenland bis Papua-Neuguinea

bis zu den Razzien in Shisha-Bars in Neukölln und im Dong Xuan Center in Lichtenberg.

– Auszug aus der Statement-Rede In Memony, In Resistance 2024

 

Als weitere Rede- und Musikbeiträge hatten wir dabei:

  • Abolish Frontex and the wider no border struggle
  • Migrantifa Berlin
  • JINSPARK: handpan artist Sungeun Jin & gayageum artist Hyunjeong Park
  • Young-Sook
  • Noi (Thailändischer Verein & Ban Ying e.V.)
  • AG Trostfrauen
  • Vân & Trọng

 

Wir werden auch im nächsten Jahr wieder zusammenkommen und Delaina Ashley Yaun, Paul Andre Michels, Xiaojie Tan, Daoyou Feng, Hyun Jung Kim Grant, Suncha Kim, Soon Chung Park und Yong Ae Yue gedenken.

Wenn du asiatisch positioniert bist und dich an der Orga beteiligen möchtest, schreib uns über In Memory, In Resistance-Insta per DM oder an in_memory_in_resistance@riseup.net.

 

© Foto: Nini Delamond