Liebe - Gewalt

I fucking love you.

„Jedes mal wenn du deiner

tochter etwas sagst

brüllst du sie an

aus liebe

du bringst ihr bei

wut mit freundlichkeit zu verwechseln

das kommt dir nützlich vor

bis sie groß ist und

männern vertraut die ihr wehtun

weil sie doch aussehen

wie du“

(Milk and honey, rupi kaur)

 

Väter lieben und schlagen ihre Töchter

Das ist eines der Sprichwörter, die stets wiederholt werden. Um sie abzuhärten und um ihr Disziplin beizubringen, wird noch oft hinzugefügt. Väterliche Härte tue der Tochter gut, weise sie in ihre Schranken. Doch irgendwann wird der Tochter nicht mehr klar, ob der Vater sie liebt oder ihr Gewalt antut, die Grenzen zwischen Liebe und Gewalt verwischen.

Und irgendwann wächst die Tochter, sie wird eine erwachsene Frau. Und obwohl diese Frau frei sein könnte, scheint es, als hätte sie dem patriarchalen System nichts entgegenzusetzen. Sie entscheidet sich stets unbewusst für Männer, die ihr wehtun. Die sie unterdrücken, klein reden, zum Schweigen bringen und psychische und/oder physische Gewalt zufügen. Weil sie den Unterschied von Liebe und Gewalt nie gelernt hat.

Sie denkt, all dies wäre Liebe

Und wenn die Männer, in die sie sich vermeintlich verliebt hat, ihr Befehle erteilen, ihr Verbote aussprechen, Besitzansprüche an sie erheben und sie verletzen – denkt sie, all dies wäre Liebe.

Denn sie weiß, dass ihr Vater sie liebt. Sie weiß wie viel ihr Vater für sie getan hat, wie sehr er gelitten hat, und wie hart er gearbeitet hat – für sie. Sie weiß, dass er sie liebt, aber keine Mittel findet, um ihr das zu sagen.

Und sie schaut sich die Männer an, für die sie sich entschieden hat, und fühlt sich geborgen, wenn sie sie anschreien. Wenn diese Männer ihr Verbote erteilen und krankhaft eifersüchtig werden. Sie spürt Liebe, wenn diese Männer sie verletzen, genauso sehr, wie sie Liebe empfunden hat, wenn sie ihren Vater sah.

Doch nun ist sie eine erwachsene Frau

Ihren Vater hat sie sich nicht ausgesucht, doch ihre Männer schon. Sie muss begreifen, dass Liebe nicht verletzend ist. Dass Liebe ihr nicht weh tut. Dass Liebe ihr nichts verbietet. Sondern dass Liebe unterstützend und verständnisvoll ist. Dass Liebe sich warm anfühlt, und ihren Kummer nimmt, statt ihr Kummer zuzufügen.

Und sie hat es verdient, geliebt zu werden. Ohne dabei verletzt zu werden.

Sie muss sich nur dafür entscheiden.

Bild: Name CC