Ein Fußballverein
FC Rojava

 

Ich möchte heute darüber schreiben, wie eine spontane Idee zum Kicken in kurzer Zeit  zu einem großen Fußballverein geworden ist – zu unserem Fußballverein.

Es war 2016 als sich zwei, drei kurdische syrische Geflüchtete ab und zu zum Fußballspielen trafen, weil es in der Flüchtlingsunterkunft langweilig war und es im allgemeinen in solchen Unterkünften wenig Platz für Freizeitaktivitäten gibt. Mit drei oder vier Menschen kann man natürlich noch nicht viel Spaß beim Kicken haben und deshalb wurden mehr Leute mobilisiert. Und ein passender Platz auf einem Weddinger Schulhof gefunden, zu dem wir jeden Sonntag durch ein geheimes Loch im Zaun kletterten. Es kamen immer mehr Spieler und damit kam auch die Idee, einen eigenen Fußballverein zu gründen. Allerdings war es nicht einfach in Berlin, einen Sportverein aufzubauen. Zum einen waren die Spieler relativ neu in Deutschland und sprachen wenig Deutsch und zum anderen kannten sie sich gar nicht mit bürokratischen Hürden in Deutschland aus. Ein Spieler von uns, der jetzt auch unser Trainer ist, war mit zwei anderen Spielern, die länger hier in Berlin lebten und sich ein bisschen auskannten, trotzdem bereit, sich für die Idee unseres Vereines einzusetzen.

So hat es angefangen mit der Idee unseres Vereines. Da die Spieler hauptsächlich aus kurdischen Gebieten Syriens kommen und da auf dem Platz hauptsächlich kurdisch gesprochen wird, wollten wir den Namen „FC Rojava“ (Rojava = syrischer Teil Kurdistans) tragen. Dies sollte nicht bedeuten, dass im Verein nur kurdische Spieler angenommen werden, schließlich haben wir auch arabischstämmige Spieler. Wir freuen uns auf jeden, der unseren Verein stärkt und unterstützt. Dennoch wäre es für uns etwas besonderes gewesen, als Verein einen kurdischen Namen zu tragen, einfach, weil das in der Diktatur in Syrien nie möglich gewesen wäre.

Wie wir uns dachten, hat es leider mit der Gründung von unserem FC Rojava nicht so leicht geklappt. Aus verschiedenen Gründen: Um einen Fußballverein zu gründen, benötigt man einen Trainer, der einen Trainerschein hat und verschiedene Mannschaften nach Altersgruppen: „C-Jugend“, „A-Jugend und Erste“, „Zweite und dritte Männer“. Und all das hatten wir nicht. Wir hatten nur eine Mannschaft. Deshalb wurde unser Antrag auf Gründung des Vereines abgelehnt. Wir trafen uns aber weiterhin und spielten Fußball miteinander. Wir waren und sind immer noch der Meinung, dass es wichtig ist, dass wir alle miteinander spielen, egal wie alt jemand ist oder welche Erfahrung er mitbringt. Denn die meisten von unseren Spielern sind Jugendliche und manche von Ihnen auch unbegleitete minderjährige Geflüchtete. Andere stecken mit ihren Familien in engen Notunterkünften fest. Um sie davor zu schützen, auf die schiefe Bahn zu kommen, ist eine solche Initiative sehr wichtig. Wir hören auch immer wieder von unseren Jugendlichen, dass sie sehr gern zum Training kommen und sich auf das nächste Spiel freuen. Denn das sei eine sinnvolle Beschäftigung für sie und eine Möglichkeit, sich auszupowern. Das ist auch unser Motto und unser Ziel „unsere Jugendliche zu schützen“.

Ein anderer kurdischer Fußballverein Namens FC Phönix Amed ist seit langem in der Berliner Kreisliga aktiv und zurzeit auch sehr erfolgreich. Der Verein bot uns seine Unterstützung an. Wir könnten unter dem Namen FC Phönix Amed als 3. Männermannschaft spielen und hätten auf diese Weise die Voraussetzungen beim Berliner Fußballverband erfüllt. Endlich könnten wir uns anmelden und anfangen, in einer Berliner Kreisklasse zu spielen!

Wir nahmen gerne das Angebot an und spielen nun seit einer Saison als FC Phönix Amed und mit „FC Rojava“ im Herzen in Kreisklasse B in Berlin Tempelhof-Schöneberg.

Unsere Spieler treiben nicht nur Sport, sondern lernen viele Bezirke und Ecken von Berlin kennen, in denen sie noch nie waren, da wir zweimal im Monat Auswärtsspiele haben. Darüber hinaus freuen sich auch unsere Familien über die Initiative und kommen häufig zu unseren Spielen, um uns anzufeuern. Die Unterstützung, die gute Stimmung und der gegenseitige Respekt im Spiel und außerhalb haben dazu geführt, dass wir die letzten  sechs  Spiele in Folge gewonnen haben.

Uns geht es nach wie vor nicht darum, aufzusteigen oder große Ziele zu erreichen sondern in erster Linie darum, miteinander Sport zu treiben und ein sicherer Platz für unsere Jugendlichen zu sein. Mittlerweile sind wir viele Spieler geworden und unsere Spieler sind sehr diszipliniert. Leider stehen uns sehr eingeschränkte finanzielle Ressourcen zur Verfügung, die aus unseren Monatsbeiträgen gezahlt werden und deshalb sind wir auf jede Art von Hilfe und Unterstützung angewiesen. Trotzdem können wir diese Saison die Klasse erhalten und haben für die nächste Saison unsere Ansprüche sogar noch höher geschraubt, solange diese Sportart uns weiterhin Freude und viel Spaß bringt.

 

Bild: © privat