als schwarze*r in einer weißen gesellschaft aufzuwachsen, heißt sich an blicken der anderen zu formen

als schwarze*r in einer weißen gesellschaft aufzuwachsen, es also gar nichts anders zu kennen, heißt sich an blicken der anderen zu formen, die das eigene selbst als abweichend, minderwertig, hässlich betrachten.
weiße hören das nicht gerne, etwas an dieser feststellung beunruhigt sie. so wollen, können sie das nicht stehenlassen.

es gibt dann zb jene, die versichern, hautfarben gar nicht wahrzunehmen, „alle menschen für mich gleich“ usw.
solche aussagen erscheinen mir als ausdruck höchster verunsicherung, die umgehend zurückgestrahlt werden muss. oder jedenfalls – als aufforderung an mich, sie zu versichern. nein du trägst keine verantwortung, du darfst ignorieren, dass wir auch innerhalb unserer beziehung in dieses größere verhältnis gesetzt sind, du bist 1 super menschlein. diese art von versicherungsleistung ist anstrengend.

 

Die Freiheit der Außerirdischen

noch etwas anstrengender sind vielleicht die bekenntnisse. man hätte schwarze menschen schon immer „viel schöner“ gefunden, wäre selbst lieber schwarz gewesen (das sei natürlich kindlicher quatsch gewesen, aber schon auch etwas cool nicht?). diese bekenntnisse werden oft verbunden mit kritischen nachfragen wie „warum trägst du dein haar nicht natürlich? also als afro“ oder lobpreisungen des schwarzen körpers – wir haben ja alle nur diesen einen, ich vergaß. was lässt sich dazu anderes sagen als – leute gebt euch mühe oder ruhe, aber halst uns nicht eure unaufgeräumten projektionen auf. danke.

manchmal folgen auf solch genervtes abwehren diskussionen über verinnerlichte rassismen (jau, lass ich mir gerne von weißen menschen „erklären“) oder empfindlichkeit (schwarze snowflakes HAHA) + nun wird es wirklich zeit für einen themenwechsel auf eis.

insistieren auf natürlichkeit, unaufgefordertes definieren von blackness, attributieren von eigenschaften oder ansichten bevor auch nur ein wort gefallen ist – man ist in erster linie schwarz, vertreterin des kollektivs. + so werden wir dazu erzogen uns entsprechend zu verhalten. schwarze kinder dürfen sich nicht in freier selbstentfaltung austoben, sich entdecken, sondern müssen von klein auf lernen den blicken standzuhalten, zu widersprechen, positiv zu „überraschen“, nicht zu bestätigen usw.

die blicke der eigenen „communities“ sind nicht weniger entindividualisierend. auch ihnen muss standgehalten werden

wir haben uns am weißen blick zu formen denn er besitzt die deutungshoheit über unser sein. das ist irgendwie ein fakt den man früh zu verinnerlichen weiß. was ich dagegen erst spät kennenlernen durfte – die nicht weniger entindividualisierenden blicke der eigenen „communities“. auch ihnen muß standgehalten werden, aber das ist oftmals fast schwerer. verlangen sie doch strenge unterwerfung + manövrieren sie eine*n in dieses paradoxe verhältnis – einerseits soll man innerhalb der rassistischen matrix den klassenüberfliegenden erfolg suchen, andererseits dabei kulturelle verwurzelung im kollektiv anstreben, welches sich nahezu ausschließlich über das (fest)gesetztsein in dieser matrix zusammensetzt.


die individuelle freiheit der schwarzen person wird von den blicken, die sie als solche konstituieren, nicht nur nicht erfasst, sondern gelöscht wo ihre linien sich zur gestalt fügen.


ich möchte nicht falsch verstanden werden. solange die machtverhältnisse so gebaut sind, dass schwarze menschen wie fliegen verrecken, sei es aufgrund von fluchtabwehr, hunger, kapitalistischer ausbeutung, aids, drogen, nazistischer wichser + es einfach SCHEISSEGAL ist – weil wir eben genau das im weißen verständnis sind, die fliegen auf dem scheißhaufen der zivilisation – solange gilt: ich bin durch + durch schwarz, im solidaritätsgebenden + einfordernden sinn. aber das ist eine politische kategorie, keine kulturelle.

you don’t belong anywhere

die einzige freiheit, die ich bis jetzt in all dem finden konnte, ist die freiheit der außerirdischen. in vielem war + bin ich den rassismusgeformten blicken unterworfen, ohne sie hinterfragen, gar überwinden zu können. aber diese „fremde“ qualität meiner hautfarbe, als schwarze in einer weißen welt, habe ich auch geliebt. „You are on your own. You have no culture. You don’t belong anywhere.“


das wird oft – wie diesem völlig anders gelagerten artikel dem das zitat entstammt- als leid formuliert, ein leid an der einsamkeit dieser position. die ist natürlich real. aber für mich lag darin auch immer eine utopische fähigkeit: sich nicht mit der macht identifizieren. einfach gar nicht identifizieren + freien menschen als freie begegnen. eines tages irgendwann